Handlungsempfehlungen

Um die Potenziale sozialer Innovationen in Sachsen besser zu fördern und ihren Beitrag zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung des Freistaates zu stärken, wird empfohlen, eine ressortübergreifende Innovationsstrategie für soziale Innovationen zu entwickeln und diese in die sächsische Innovationsstrategie zu integrieren. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass soziale, ökologische und technische Innovationen gleichermaßen berücksichtigt werden. Mit technische Innovationen sind oftmals Innovationen gemeint, die einen wichtigen Beitrag zur Digitalisierung leisten. Diese lassen sich meist wirtschaftlich skalieren und nach außen exportieren, um so einen Beitrag zur Wahrung oder Steigerung des Wohlstands des Freistaates zu leisten.

Neben der Wahrung bzw. Steigerung des ökonomischen Wohlstands steht der Freistaat Sachsen aber vor weiteren Aufgaben, die von den Vereinten Nationen 2015 als Sustainable Development Goals (SDG) formuliert wurden und gemeinsam von allen Interessengruppen bis 2030 erreicht werden sollen. Sozialwirtschaft und Sozialunternehmertum setzen sich das Ziel, auf mindestens eines der 17 SDG einzuwirken und tragen damit ebenso zur Wahrung oder Steigerung des Wohlstands des Freistaates bei. Es wird zudem die Einrichtung einer interministeriellen Arbeitsgruppe (IMAG) „Soziale Innovationen“ empfohlen. Diese Gruppe sollte aus Vertreter:innen der Ministerien für Wirtschaft und Soziales bestehen und auch die Ministerien für Kultur, Umwelt, Inneres sowie Regionalentwicklung einbeziehen.

Um die Innovationsförderung in Sachsen zu verbessern und inklusiver zu gestalten, wird empfohlen, die bestehenden sächsischen Innovations-förderprogramme und -richtlinien, wie die InnoPrämie, die FRL Markt-einführung Zuschuss EFRE 2021 bis 2027 und die FRL Beratungsförderung, zu reformieren beziehungsweise zu öffnen. Diese Programme richten sich bisher hauptsächlich an kommerzielle Unternehmen und konzentrieren sich häufig auf technische Innovationen. Ein breiterer Ansatz könnte eine Vielzahl von Akteur:innen und Innovationsformen einbeziehen.

Darüber hinaus sollte der Zugang zu Förderkreditprogrammen, wie dem Darlehensfonds für den Mittelstand (DFM), für gemeinnützige und gemeinwohlorientierte Akteur:innen verbessert werden. Dies würde die finanzielle Unterstützung für soziale und ökologische Innovationen erheblich erleichtern. Es wäre auch wünschenswert, dass sich der Freistaat Sachsen auf Bundesebene dafür einsetzt, die Innovations-förderprogramme und -richtlinien des Bundes weiter zu reformieren und zu öffnen. Ziel sollte es sein, den Zugang zu diesen Programmen auch für gemeinnützige und gemeinwohl-orientierte Akteur:innen zu ermöglichen.

Zur Stärkung der sozialen Innovationskraft in Sachsen wird empfohlen, die bestehende Förderung sozial innovativer Modellvorhaben durch eine langfristige Bereitstellung von Mitteln zu verstetigen. Das große Interesse an den bisherigen Förderaufrufen, bei denen rund 60 Bewerbungen innerhalb eines Jahres eingegangen sind, zeigt das enorme Potenzial und den Innovationsdrang in Sachsen. Darüber hinaus wird eine mittelfristige finanzielle Unterstützung zur Weiterentwicklung und Stabilisierung der Zukunftsplattform für soziale Innovationen in Sachsen über den Förderzeitraum bis zum 31.12.2025 hinaus empfohlen. Die Zukunftsplattform ist seit August 2023 eine sachsenweit agierende Austausch- und Koordinierungsstruktur, die soziale Innovationen identifiziert, entwickelt, unterstützt, begleitet, vernetzt und sichtbar macht. Mit über 1.500 Personen und Organisationen ist die Zukunftsplattform bereits in Kontakt getreten. 526 Personen haben an Veranstaltungen der Zukunftsplattform teilgenommen. Rund 3.500 (Stand November 2024) Personen folgen ihr in sozialen Netzwerken. 80 Teams wurden bisher von der Plattform intensiv bei der (Weiter-) Entwicklung ihrer innovativen Idee begleitet. Dies zeigt, dass die neue Austausch- und Koordinierungs-struktur in Sachsen gebraucht und genutzt wird.

Wir empfehlen den Aufbau und die Erprobung wirkungsbasierter Finanzierungsinstrumente für soziale Innovationen, wie Wirkungsfonds oder spezifische Ansätze wie Social Impact Bonds und Impact-Linked Finance Funds. Wirkungsfonds investieren gezielt Kapital in Unternehmen, Projekte oder Organisationen, die neben einer finanziellen Rendite auchpositive soziale oder ökologische Wirkungen erzielen. Neben der Schaffung sozialer Innovationen und damit verbundenen Arbeitsplätzen, werden andere Impact-Investor:innen angelockt und eine lokale wie nachhaltige Entwicklung begünstigt. Auch eine Erweiterung bestehender, technologieorientierter Finanzierungsinstrumente, wie bspw. dem Tech-nologiegründerfonds Sachsen, um eine messbare, soziale oder öko-logische Wirkungsdimension erscheint sinnhaft. Zudem wird die Einführung eines landesweiten Programms zur Unterstützung von Crowd-funding-Kampagnen empfohlen. Dieses Programm könnte Kreativ-dienstleistungen wie Videoproduktion, Marketing, Fundraising-Beratung und Öffentlichkeitsarbeit mit Zuschüssen von bis zu 3.000 Euro fördern. Crowdfunding bietet sozialen Innovationen nicht nur die Möglichkeit, finanzielle Mittel zu beschaffen, sondern auch, risikofrei die Resonanz des Marktes und der Bürger:innen zu testen. Sozial-innovator:innen erhalten dadurch direktes Feedback zur Qualität ihrer Produkte oder Dienstleistungen sowie zur Zahlungsbereitschaft ihrer Zielgruppe.

Ein erfolgreiches Beispiel liefert die Stadt München mit der Förderrichtlinie “Crowdfunding-Kampagne”, die seit fünf Jahren Kreativleistungen für die Vorbereitung und Durchführung von Crowdfunding-Kampagnen bezu-schusst. Dies hat dort zu einem deutlichen Wachstum an erfolgreich finanzierten Projekten und einer positiven Umwegrendite über Steuer-einnahmen geführt.

Die Optimierung der Förderbedingungen durch Bürokratieabbau wird zur Förderung der Entwicklung sozialer Innovationen empfohlen. Folgende wesentliche Maßnahmen werden vorgeschlagen: Die Vereinfachung von Antragsverfahren sollte durch die Bereitstellung von Musterprojekt-anträgen, insbesondere für kleine Fördersummen, und die Verwendung von Pauschalen für die allgemeine Sachkostenstruktur erreicht werden. Bei Auftragsvolumen unter 1.000 €, z.B. für Fremdleistungen, sollte auf die Einholung von Angeboten verzichtet werden. Fahrtkosten sollten ohne Unterteilung in Kilometer-pauschale und ÖPNV-Kosten abgerechnet werden können. Die Verwaltungskosten sollten pauschal in einem vordefinierten Umfang anerkannt werden.

Antragstellende sollten nicht für jeden Förderantrag erneut dieselben Dokumente, wie zum Beispiel Satzung, Organigramm oder Nachweis der Steuernummer, einreichen müssen. Die Erstellung von Verwendungs-nachweisen sollte durch die Bereitstellung von Muster-Belegen erleichtert werden. Zudem könnte ein Vertrauensmodell eingeführt werden, das kleinere Beträge mit weniger strengen Nachweispflichten ausstattet.

Der gesamte Förderprozess sollte so gestaltet werden, dass Steuer-pflichten von der Richtlinie bis zum Bescheid in sich schlüssig und transparent abgebildet werden. Die Komplexität der Förderbescheide sowie zusätzliche Anforderungen, wie Einfluss oder Recht auf die Ergeb-nisse, führen häufig dazu, dass Zuwendungen von den Finanz-ämtern als Leistungsaustausch interpretiert werden. Um eine effiziente Verwendung der knappen Fördermittel zu gewährleisten, sollten Antrag-steller:innen frühzeitig und umfassend über die relevanten steuerlichen Regelungen informiert und gegebenenfalls beraten werden. Dies könnte durch gezielte Informationsangebote, Schulungen oder eine individuelle Beratung durch die Förderstelle erfolgen, um sicherzustellen, dass die Fördermittel optimal eingesetzt werden und keine unnötigen steuerlichen Belastungen entstehen. Diese Maßnahmen können dazu beitragen, den administrativen Aufwand für die Antragsteller:innen zu reduzieren und die Umsetzung innovativer Projekte zu erleichtern.

Es wird empfohlen, nachhaltiges Wirtschaften und soziales Unter-nehmertum fest in den Lehrplänen von Schulen und Hochschulen zu verankern und entsprechende Bildungsmaterialien zu entwickeln. Als Orientierung sollten dabei die Publikation: „Wirkungsvoll Social Innovation Education & Social Entrepreneurship Education gestalten und etablieren - ein Leitfaden für die Hochschulpraxis" sowie das Projekt "Unternehmer-geist macht Schule“ dienen.

Durch die systematische Integration dieser Themen in die Bildung-sangebote können zukünftige Generationen für die Bedeutung sozialer Innovationen sensibilisiert werden. Zudem ermöglicht dies den Erwerb praxisnaher Kompetenzen, die die Lernenden befähigen, nachhaltige und soziale Lösungsansätze in ihrem beruflichen und privaten Leben zu verfolgen.

Bei der Förderung sozialer Innovationen im gemeinnützigen Sektor ohne wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb sollte berücksichtigt werden, dass Finanzierungen oder Zuschüsse für soziale und wohlfahrtsbezogene Aufgaben in der Regel nicht als "Förderung" im klassischen Sinne gelten, wenn sie gemeinwohlorientiert sind und staatliche Pflichtaufgaben ab-decken. Um gemeinnützigen Organisationen die Umsetzung innovativer Projekte zu erleichtern und den Übergang von Modell-projekten zu nachhaltigen Geschäftsmodellen oder Regelfinanzierungen zu fördern, wird eine Anpassung der sächsischen Förderpolitikempfohlen.

Eine zentrale Maßnahme wäre die Reduzierung der Eigenanteile bei der Zuwendungsfinanzierung für gemeinnützige Träger auf maximal 5 %, wobei eine flexible Gestaltung abhängig von der Leistungsfähigkeit des jeweiligen Projekts angestrebt werden sollte. Zusätzlich sollte bei der Bestimmung des Eigenanteils berücksichtigt werden, ob Beiträge der Zielgruppe oder andere Zuwendungsgeber:innen beteiligt sind, um diesen Anteil entsprechend anzupassen. Geldwerte Leistungen, wie etwa die Bereitstellung von Räumlichkeiten oder Ausstattungsgegenständen sowie ehrenamtliche Tätigkeiten, sollten je nach Projektkonzept in die Gesamtfinanzierung einbezogen werden.

Besonders bei der Personalkostenförderung für gemeinnützige Projekte wäre es sinnvoll, den Eigenanteil nicht pauschal festzulegen, sondern an die jeweiligen Gegebenheiten und die finanzielle Leistungsfähigkeit der Antragsteller:innen anzupassen. Zudem sollten degressive Fördersätze im gemeinnützigen Bereich vermieden werden, um mehr Planungssicherheit und finanzielle Stabilität für die Entwicklung nachhaltiger Innovations-projekte zu gewährleisten. Diese Anpassungen würden es gemein-nützigen Organisationen ermöglichen, ihre innovativen Projekte effektiver umzusetzen und langfristig zu etablieren, was zur Stärkung des sozialen Innovationsökosystems in Sachsen beitragen würde.