Euer Lösungsansatz muss zwingend eine gesellschaftliche Herausforderung aufgreifen. Ohne gesellschaftlichen Nutzen ist es keine soziale Innovation.

Beispiel: Eine App vermittelt wohnungslosen Menschen in Echtzeit freie Schlafplätze in Notunterkünften – auch über Terminals in Behörden oder Einrichtungen. Sie geht gezielt auf ein gesellschaftliches Problem ein: Wohnungslosigkeit.

Nicht sozial innovativ wäre hingegen eine App, die kurzfristige Übernachtungsmöglichkeiten an Tourist:innen oder Geschäftsreisende – z.  B. per Matching-System in leerstehenden Privatwohnungen vermittelt. Diese wäre vielleicht technisch innovativ, trägt aber nicht zur Lösung eines gesellschaftlichen Bedarfs bei.

Euer Lösungsansatz sollte auf einem klar definierten Problem basieren. Ein klar definiertes Problem ist die Grundlage für jede wirkungsvolle Lösung. Es sorgt dafür, dass Ideen nicht nur kreativ, sondern auch relevant, umsetzbar und wirksam sind. Wenn man sich des Problems bewusst ist, kann die Lösung einen bestimmten Schmerz lindern bzw. zu einer Verbesserung der Lebensqualität führen. Wenn dies nicht der Fall ist, wird möglicherweise niemand die Lösung nutzen wollen, da es keinen Bedarf gibt.

Beispiel für ein unklar definiertes Problem: „Jugendliche im ländlichen Raum haben es schwer.“ Warum? Zu vage. Keine Zielgruppe, kein konkreter Bedarf – keine sinnvolle Grundlage für eine Lösung.

Beispiel für ein klar definiertes Problem: „Jugendliche in ländlichen Regionen Deutschlands stehen nach dem Schulabschluss oft vor psychosozialen Herausforderungen wie dem Wegfall strukturierter Routinen, unsicheren Übergängen in Ausbildung oder Beruf und fehlenden sozialen Kontakten. Laut einer Studie des Deutschen Jugendinstituts (DJI) und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA, 2022) gibt es in ländlichen Gebieten deutlich weniger niedrigschwellige psychosoziale Unterstützungsangebote als in Städten: Nur 0,4 Beratungsstellen kommen dort auf 10.000 Jugendliche, in Großstädten sind es 1,2. Die Shell-Jugendstudie 2023 zeigt zudem, dass über 35 % der Jugendlichen im ländlichen Raum Schwierigkeiten haben, bei psychischen Belastungen professionelle Hilfe zu finden – wegen mangelnder Angebote, langer Wege oder fehlender Anonymität.”

Soziale Innovationen wollen die Welt um uns herum positiv verändern, nicht primär Geld verdienen.

Beispiel: Ein Sozialunternehmen hat eine Plattform entwickelt, die Menschen mit Beeinträchtigungen mit barrierefreien Arbeitsplätzen und inklusiven Arbeitgebern vernetzt. Dadurch wird die soziale Teilhabe gefördert und Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt geschaffen, ohne dass die Gewinnmaximierung im Vordergrund steht.

Ein Unternehmen hingegen, das barrierefreie Dienstleistungen anbietet, jedoch lediglich die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllt, um Auflagen zu umgehen und Gewinne zu maximieren, ohne tatsächlich auf die Bedürfnisse von Menschen mit Beeinträchtigungen einzugehen, handelt nicht sozial innovativ – es verfolgt primär wirtschaftliche Interessen.

Soziale Innovation wirkt nachhaltig. Es geht nicht um kurzfristige Hilfe, sondern um eine dauerhafte ökologische, soziale und/oder ökonomische Verbesserung.

Beispiel: Ein „Housing First“-Programm, das wohnungslosen Menschen dauerhaft Wohnraum mit begleitender sozialer Betreuung bietet, schafft langfristige Stabilität und ermöglicht eine Wiedereingliederung.

Eine einmalige Winteraktion, bei der Schlafsäcke an wohnungslose Menschen verteilt werden, ist zwar eine sinnvolle Maßnahme, jedoch nicht sozial innovativ, da sie nicht auf langfristige Wirkung ausgerichtet ist.

Wenn euer Vorhaben vollständig auf bereits bestehenden Ansätzen basiert und ihr keine wesentlichen Änderungen vornehmt, ist es nicht sozial innovativ. Wenn ihr jedoch einen bekannten Ansatz optimiert oder sogar etwas völlig Neues entwickelt, kann euer Vorhaben als sozial innovativ gelten. Aber auch dann kann es Abstufungen geben:

Wenig neu: Bekannter Ansatz wird leicht angepasst.
Beispiel: Eine bestehende Nachhilfe-Plattform wird inklusiver gestaltet und barrierearm ausgebaut.

Mittel neu: Bekannte Ansätze werden neu kombiniert.
Beispiel: Ein Mentoringprogramm für geflüchtete Jugendliche wird mit einer Lernplattform und lokaler Wohnraumberatung verknüpft.

Sehr neu: Der Lösungsansatz ist völlig neuartig.
Beispiel: Eine KI-App übersetzt nonverbale Kommunikation von Menschen mit kognitiven Einschränkungen in Alltagssprache.

Bei SINN vertreten wir die Auffassung, dass etwas in einem Landkreis inhaltlich neu sein und somit in dieser Region als sozial innovativ gelten kann. Die bisherigen Erfahrungen im Projekt haben uns jedoch auch gezeigt, dass Lösungsansätze ganzheitlich anhand verschiedener Kategorien betrachtet werden sollten, um sie als sozial innovativ zu verstehen. Dennoch erachten wir dieses Kriterium weiterhin als wichtig. Das heißt: Eine Idee kann an einem Ort völlig neu sein – das ist wertvoll. Je größer jedoch das geografische Wirkungsgebiet ist, desto höher ist der Innovationsgrad.

Beispiel: Eine digitale Plattform hilft Menschen, ihre Ansprüche im Sozialstaat mithilfe von KI zu erkennen und Anträge automatisch auszufüllen. Sie ist bundesweit aktiv – und damit hochgradig sozial innovativ.

Ein wichtiges Kriterium für soziale Innovation ist die Frage, ob eure Idee auch an anderen Orten oder in anderen Zusammenhängen funktionieren kann. Eine Lösung, die flexibel und leicht übertragbar ist, hat ein größeres Potenzial, gesellschaftlich etwas zu bewegen – über den ursprünglichen Einsatzort hinaus.

Wenig übertragbar:
Wenn eure Lösung nur unter ganz bestimmten Bedingungen funktioniert, z.  B. nur in einer Region mit einer ganz bestimmten Infrastruktur oder nur mit sehr speziellen Partnern, dann ist sie weniger übertragbar.
Beispiel: Ein Projekt, das auf eine seltene Kooperation zwischen zwei lokalen Behörden angewiesen ist, lässt sich nur schwer auf andere Städte oder Bundesländer übertragen.

Gut übertragbar:
Wenn euer Konzept einfach an andere Orte oder Kontexte angepasst werden kann, ohne dass ihr alles neu entwickeln müsst, dann ist es hochgradig übertragbar.
Beispiel: Eine digitale Plattform zur Sprachförderung für Migrant:innen, die sich mit wenigen Anpassungen auch in anderen Sprachen und Regionen nutzen lässt.

Auch die Breite der Zielgruppe beeinflusst den Innovationsgrad. Je mehr Menschen von eurer Lösung profitieren können, desto größer ist die gesellschaftliche Wirkung.

Begrenzt nutzbar:
Wenn euer Ansatz nur für eine sehr spezifische Zielgruppe funktioniert – z. B. nur für eine kleine Altersgruppe, nur für eine bestimmte Berufsgruppe oder nur in einem sehr speziellen sozialen Umfeld –, dann ist der Nutzen stark eingeschränkt.
Beispiel: Eine App, die ausschließlich auf die Bedürfnisse von gehörlosen Studierenden an einer bestimmten Universität zugeschnitten ist.

Breit nutzbar:
Wenn eure Lösung grundsätzlich auch für andere Zielgruppen funktioniert, ohne dass große Änderungen nötig sind, dann ist sie vielseitiger und damit stärker sozial innovativ.
Beispiel: Ein barrierefreier Online-Marktplatz für Nachbarschaftshilfe, der von Senior:innen, Menschen mit Beeinträchtigungen, Alleinerziehenden und vielen weiteren Gruppen gleichermaßen genutzt werden kann.

Erfolgreiche soziale Innovationen entstehen oft dann, wenn Menschen aus verschiedenen Bereichen gemeinsam an einer Lösung arbeiten – z.  B. Zivilgesellschaft, Wohlfahrtsverbände, Social Start-ups, öffentliche Einrichtungen, Wissenschaft oder Wirtschaft. Je vielfältiger die Perspektiven, desto eher gelingt es, komplexe Herausforderungen ganzheitlich zu lösen.

Beispiel: Ein Bildungsprojekt, das gemeinsam mit einer Hochschule, einer sozialen Einrichtung und einem lokalen Unternehmen entwickelt wurde – jeder Partner bringt eigenes Wissen und Ressourcen ein.

Ein guter Finanzierungsmix trägt dazu bei, dass euer Vorhaben finanziell tragfähig und langfristig umsetzbar ist. Wenn ihr euch nicht nur auf eine einzige Finanzierungsquelle verlasst, sondern verschiedene Mittel miteinander kombiniert, erhöht das die Unabhängigkeit und Stabilität eures Projekts.

Beispiel: Ein sozial innovatives Projekt wird teils durch Fördermittel der Stadt, teils durch eine Stiftung unterstützt und erhält zusätzlich Gelder aus einer Crowdfunding-Kampagne.